Psychologische Eignungstests und Assessments in Bewerbungsverfahren erfreuen sich großer Beliebtheit bei Personalern und HR-Abteilungen. Dabei setzen immer mehr Unternehmen auch Tools mit künstlicher Intelligenz (KI) ein. Doch sind derartige Tests datenschutzrechtlich überhaupt zulässig?
Rechtsgrundlagen für psychologische Eignungstests in Bewerbungsverfahren
Stellenangebote fordern in der Regel neben den fachlichen Kompetenzen der Bewerber auch Soft-Skills wie Teamfähigkeit, Ausdrucksstärke, Zielstrebigkeit oder Belastbarkeit sowie analytisches Denkvermögen, strukturierte Arbeitsweise, Identifikation mit dem Unternehmen und ähnliches.
Aufgrund der geringen Überprüfbarkeit eines Bewerbungsanschreibens oder des Lebenslaufes im Hinblick auf eben diese Soft-Skills, bietet sich die Durchführung von psychologischen Eignungstests an. Zweck dieser Eignungstests ist es, mit geringem Zeitaufwand systematisch einen möglichst tiefgehenden Einblick in die Persönlichkeit der Bewerber zu erhalten.
Da derartige Messungen massiv in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerbers eingreifen, müssen Unternehmen die diesbezüglichen datenschutzrechtlichen Anforderungen einhalten. Dementsprechend bedarf die Durchführung solcher Persönlichkeitstests einer rechtlichen Legitimierung. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass im Rahmen solcher Eignungstests oftmals auch besondere Arten personenbezogener Daten erhoben und verarbeitet werden.
Einwilligung, Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO
Eine Option der rechtlichen Ausgestaltung wäre das Einholen einer Einwilligung von jedem Bewerber, der ein solches psychologisches Eignungsverfahren durchlaufen soll. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass gerade in Bezug auf Arbeitsverhältnisse begründete Bedenken hinsichtlich der Freiwilligkeit bestehen können, die für die Wirksamkeit einer Einwilligung erforderlich ist. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung ((BAG) Urt. v. 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13) verdeutlicht, dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass Arbeitnehmer auch innerhalb eines Arbeitsverhältnisses frei entscheiden können. Dies kann jedoch nicht pauschal für jeden Einzelfall angenommen werden. Stattdessen ist stets die konkrete Ausgestaltung der Situation der Eignungstests zu berücksichtigen und der Druck auf die Bewerber zu beachten, der durch das Machtgefälle im Bewerbungsverfahren wirkt.
Zudem gilt, dass nur solche Fähigkeiten oder Eigenschaften geprüft werden dürfen, die für das künftige Arbeitsverhältnis tatsächlich relevant sind, was beispielsweise für sexuelle Vorlieben oder philosophische bzw. weltanschauliche Überzeugungen im Regelfall nicht angenommen werden kann.
Daneben sind die gängigen datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine Einwilligungserklärung zu beachten, wie die Aufklärung über die Konsequenzen der Nichterteilung oder auch die Art und den Umfang der Datenverarbeitung. Aufgrund des angenommenen Machtungleichgewichts im Arbeitgeber-Bewerber-Verhältnis, ist bei Einholen der Einwilligung stets darauf zu achten, dass den Kandidaten kein Schaden entsteht, auch wenn sie die Einwilligung verweigern.
Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen, Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO
Neben dem Einholen einer Einwilligung besteht auch die Möglichkeit einer Rechtfertigung psychologischer Eignungstests zwecks Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO. Demnach gilt eine Datenverarbeitung als zulässig, wenn sie zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen (hier: Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses) erforderlich ist.
Achtung: Arbeitgeber dürfen sich in diesem Rahmen nicht mehr auf § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG berufen, da dieser vom EuGH für ungültig erklärt wurde.
Bei der Frage der Erforderlichkeit ist zu beachten, dass diese nicht nur dann gegeben ist, wenn beispielsweise das Gesetz eine besondere persönliche Eignung verlangt, wie bei Piloten oder auch der Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Vielmehr kann die Erforderlichkeit bereits dann zu bejahen sein, wenn die Tätigkeit auf der zu besetzenden Stelle gewisse Anforderungen an die Persönlichkeit des Bewerbers stellt. Dies kann beispielsweise eine hohe Belastbarkeit aufgrund des Arbeitsaufkommens oder auch ein hohes Maß an Empathie für Führungspositionen sein. Stresstests können deshalb bei hoch belastenden Tätigkeiten zulässig sein. An dieser Stelle spielen jedoch viele Faktoren eine Rolle, die in ihrer Gesamtheit in jedem Einzelfall gegeneinander abgewogen werden müssen.
Für psychologische Eignungstests im Bewerbungsverfahren schafft eine Einwilligung im Zweifel mehr Rechtssicherheit. Arbeitgebern sei deshalb geraten (trotz Vorliegen vermeintlicher Erforderlichkeit) eine Einwilligung einzuholen, weil ein Eignungstest ein gewaltiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellt.
Zudem sind Bewerber in Grundzügen über die Funktionsweise des Tests aufzuklären. Teilnehmende haben Anspruch auf Bekanntgabe des Testergebnisses.
Rechtliche Anforderungen für psychologische Eignungstests
Pauschal lässt sich sagen, dass die Durchführung von psychologischen Eignungstests dann nicht zulässig ist, wenn die zukünftige Tätigkeit keine speziellen Anforderungen an den Bewerber stellt und der Arbeitgeber den Test lediglich aus allgemeinem Interesse durchführen lassen will. Mit anderen Worten: Nur, wenn die zu ermittelten Eigenschaften des Bewerbers eine reale Bedeutung für die zu erfüllenden Aufgaben haben, dürfen sie in Tests abgefragt werden. Beispielsweise wird allgemeinen Intelligenztests die nötige Spezifität abgesprochen. Diese werden deshalb für kaum eine berufliche Tätigkeit zu rechtfertigen sein.
Es ist zudem Grundvoraussetzung der Rechtmäßigkeit eines jeden Tests, dass dieser überhaupt eine bewährte Methode besitzt, Rückschlüsse auf die abgefragten Persönlichkeitsmerkmale zu ziehen oder zumindest einer bewährten Übung der Personalpraxis entspricht. Demzufolge muss die Testmethodik wissenschaftlichen Kriterien entsprechen und folglich ein realistisches Abbild der Persönlichkeit liefern können.
Verwendung von KI im Rahmen von Eignungstests
Eine Besonderheit ergibt sich bei der Verwendung künstlicher Intelligenz im Rahmen von Eignungstests. Denn hierbei greifen zusätzlich zur DSGVO auch die Vorgaben der KI-Verordnung (AI Act).
Datenschutzrechtliche Anforderungen für automatische Entscheidungsfindung
Neben den bereits genannten datenschutzrechtlichen Voraussetzungen, die Eignungstest erfüllen müssen, stellt Art. 22 Abs. 1 DSGVO weitere Anforderungen für den Einsatz automatischer Entscheidungsfindungssysteme. Gem. Art. 22 Abs. 1 DSGVO darf eine Entscheidung, die gegenüber einer betroffenen Person rechtliche Wirkung entfaltet oder in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt, nicht ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung erfolgen. Das eingesetzte Tool muss lediglich der Vorbereitung einer Entscheidung durch die Personalverantwortlichen dienen und darf – sofern keine Ausnahme wie das Vorliegen einer Einwilligung existiert – die Entscheidung nicht selbst treffen.
Des Weiteren müssen Bewerber beim Vorliegen einer automatisierten Entscheidungsfindung gemäß Art. 13, 14 DSGVO über den Einsatz von automatisierten Verfahren sowie die involvierte Logik des Algorithmus im Vorhinein transparent und nachvollziehbar informiert werden.
Außerdem wird regelmäßig die Durchführung einer sog. Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß Art. 35 DSGVO erforderlich sein.
Vorgaben des AI Acts zur Verwendung von KI in Eignungstests
Auch die KI-Verordnung stellt spezielle Voraussetzungen an die Verwendung von KI in Eignungstests. KI-Systeme für Eignungstests im Recruitingbereich stellen nach Art. 6 Abs. 2 im Vermessen mit Anhang II AI Act regelmäßig sog. Hochrisiko-KI-Systeme dar. KI-Systeme sind als Hochrisiko-KI-Systeme zu qualifizieren, wenn sie unter anderem für die Bewertung und Auswahl von Bewerbern eingesetzt werden.
Unternehmen, welche ein KI-Tool für Eignungstests einsetzen, werden demnach in aller Regel als sogenannte Betreiber von Hochrisiko-KI-Systemen fungieren und unterliegen zusätzlich den Pflichten des Art. 26 AI Act. So müssen technische und organisatorische Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die Systeme entsprechend der Betriebsanleitung eingesetzt werden. Des Weiteren ist der Einsatz des KI-Tools unter menschliche Aufsicht zu stellen. Außerdem müssen Betroffene auch hier transparent darüber informiert werden, dass ein Hochrisiko-KI-System zu Einsatz kommt.
Fazit: Datenschutz spielt bei der Bewerberauswahl eine wichtige Rolle
Psychologische Eignungstests bzw. Assessment-Center sind aus Perspektive des Datenschutzes (und ggfs. der KI-Regulierung) dann zulässig, wenn
- die getesteten Skills für den Job tatsächlich nötig sind,
- die Tests geeignet sind, diese Skills zu prüfen,
- eine passende Rechtsgrundlage vorliegt,
- bei automatisierten (KI-gestützten) Verfahren ein Mensch die tatsächliche Entscheidung trifft,
- Bewerber über sämtliche Verarbeitungen ihrer Daten transparent aufgeklärt werden.