Unter welchen Bedingungen dürfen Unternehmen ihre Kunden nach Abschluss eines Auftrags telefonisch befragen? Eine praktische Anleitung zur Compliance mit dem Wettbewerbs- und Datenschutzrecht.
Ist telefonische Zufriedenheitsbefragung Werbung?
Eine telefonische Zufriedenheitsbefragung nach Abschluss eines Auftrags kann auf den ersten Blick als kundenorientierte Maßnahme wahrgenommen werden, die darauf abzielt, den Service zu verbessern und Kundenbindung zu fördern.
Doch aus rechtlicher Sicht stellt sich die Frage, ob solche Anrufe ebenso wie Kaltakquisen den Vorgaben des Datenschutzes und des Wettbewerbsrechts entsprechen. Insbesondere wenn die Befragung ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden erfolgt, könnte sie als unzulässige Telefonwerbung eingestuft werden. Unternehmen müssen daher sicherstellen, dass sie die gesetzlichen Vorgaben einhalten, um Rechtskonformität zu gewährleisten und mögliche rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Anrufe bei Verbrauchern nur mit ausdrücklicher Einwilligung
Eine Zufriedenheitsumfrage nach Abschluss eines Auftrages wird vom Bundesgerichtshof (BGH) als Werbung eingestuft (Urteil vom 10. Juli 2018, Az.: VI ZR 225/17).Dies bedeutet, dass die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zur Werbung anwendbar sind.
Das UWG geht bei einem Werbeanruf bei einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung von einer „unzumutbaren Belästigung“ aus (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG). Bei sonstigen Marktteilnehmern wie etwa Unternehmen reicht demgegenüber eine mutmaßliche Einwilligung aus.
Für die telefonische Kontaktaufnahme gelten zudem strengere Regeln als beispielsweise für ein postalisches Anschreiben, weil der Adressat sich einem Anruf schwerer entziehen kann. Seine Aufmerksamkeit wird sofort und direkt für das Anliegen des Anrufers gebunden. Wenn ein Adressat wenig interessiert ist, kann er einen Brief einfach beiseitelegen, wohingegen ein Callcenter-Mitarbeiter nachhaken und im direkten Gespräch vehementer versuchen kann, den Angerufenen von den Vorzügen seines Angebots zu überzeugen.
Deshalb ist bei der telefonischen Ansprache von Kunden mehr Fingerspitzengefühl gefragt. Dabei sollte immer bedacht werden, dass ein Anruf viel schneller als belästigend empfunden wird als andere Formen der Ansprache. Nicht nur um eventuelle Abmahnungen zu vermeiden, sollte hier streng darauf geachtet werden, dass eine rechtskonforme Einwilligung vorliegt.
Konnte eine Einwilligung erfolgreich eingeholt werden, gilt es, diese gemäß § 7a Abs. 1 UWG zu dokumentieren. Die Dokumentation muss gemäß § 7a Abs. 2 UWG fünf Jahre ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung aufbewahrt werden.
Regelungen der DSGVO zur telefonischen Werbung
Laut Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bedarf es für Werbung einer gültigen Rechtsgrundlage, wobei insbesondere eine ausdrückliche Einwilligung oder das berechtigte Interesse des werbenden Unternehmens an Direktwerbung in Betracht kommen. Zwar sagt die DSGVO in Erwägungsgrund 47, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden kann. Unter Berücksichtigung der Interessen der Betroffenen und der Wertungen des Gesetzgebers im UWG wird man jedoch in aller Regel zum Ergebnis kommen, dass bei telefonischer Werbung gegenüber Verbrauchern die Interessen der Verbraucher überwiegen. Demnach ist auch nach der DSGVO in aller Regel eine Einwilligung notwendig.
Umsetzung der Informationspflichten bei Anrufen
In der Praxis stellt sich das Problem, wie Verantwortliche ihren Informationspflichten gemäß Art. 13 und Art. 14 DSGVO am Telefon nachkommen können. Hiernach muss der Verantwortliche der betroffenen Person bereits bei Erhebung der Daten eine Fülle von Informationen mitteilen, etwa die Identität des Verantwortlichen, die Zwecke der Datenverarbeitung etc.
Eine einheitliche Lösung gibt es hierfür derzeit noch nicht. Fest steht jedoch, dass ein vollständiger Datenschutzhinweis im Rahmen eines Telefonats unpraktisch und realitätsfern ist. Die Artikel 29 Gruppe vertritt die Ansicht, dass beim telefonischen Kontakt der Betroffene nicht sofort vollumfänglich informiert werden muss. Stattdessen erweist sich ein gestufter Informationsprozess (layered approach) als deutlich praktischer:
- In einem ersten Schritt werden die wesentlichsten Informationen bereits während des Telefonats mitgeteilt, insbesondere die Identität des Verantwortlichen, die Zwecke der Verarbeitung und das Bestehen von Betroffenenrechten. Auch überraschende Verarbeitungen sollten in diesem Zusammenhang angesprochen werden.
- In einem zweiten Schritt kann für detaillierte Informationen auf eine Datenschutzerklärung auf einer Website verwiesen oder diese per Link in einer nachgelagerten E-Mail bereitgestellt werden.
Dabei ist es wichtig, dass die Datenschutzerklärung nicht nur allgemeine Informationen zum Datenschutz enthält, sondern auch konkret auf die spezifischen Verarbeitungen eingeht, so dass Betroffene klar nachvollziehen können, welche Informationen für ihre individuelle Situation relevant sind.
Dieser Ansatz der gestuften Information verhindert, dass Betroffene von einer Überflutung an Informationen überfordert werden, und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, die Informationen bei Bedarf erneut abzurufen.
Sanktionen bei unrechtmäßigen Anrufen
Ein Verstoß gegen die Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten kann empfindliche Bußgelder nach dem UWG nach sich ziehen, die bis zu 50.000 Euro betragen können. Weitaus schwerwiegender sind jedoch unzulässige Werbeanrufe ohne die ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers, die mit Geldbußen von bis zu 300.000 Euro geahndet werden.
Auch Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen können hohe Bußgelder nach sich ziehen, die bis zu mehreren Millionen Euro reichen können. Unternehmen sollten daher besonders sorgfältig vorgehen, um rechtliche Risiken zu minimieren und Rechtskonformität zu gewährleisten.