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Datenschutzkonforme Videoüberwachung im Unternehmen (Anleitung)

Inhalt

Eine Videoüberwachung von Mitarbeitern bzw. Beschäftigten ist laut europäischer Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nicht einfach so rechtens. Denn während der Arbeit beobachtet zu werden, stellt einen deutlichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht von Betroffenen dar. Wenn aber wichtige Gründe für eine Überwachung von Beschäftigten per Video sprechen, ist diese unter bestimmten Umständen möglich. Für Arbeitgeber kommt es vor allem darauf an, die Videoüberwachung datenschutzkonform auszugestalten.

Mit Veröffentlichung der Leitlinie 3/2019 des Europäische Datenschutzausschuss über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen von Videoüberwachung (Guidelines 3/2019 on processing of personal data through video devices) wird die Wichtigkeit des Themas noch einmal mehr verdeutlicht und es wird wohl vermehrt in den Fokus der Aufsichtsbehörden rücken.

Allgemeines zur Kameraüberwachung von Geschäftsräumen

Die meisten Menschen sehen die Beobachtung durch eine Videokamera als die unangenehmste Art der Überwachung an, weil sie so umfassend ist. Es wird dabei schließlich nicht nur ein einfaches Protokoll mit wenigen technischen Informationen erstellt, sondern jede Bewegung und jeder Gesichtsausdruck aufgezeichnet. Das Datenschutzrecht wertet die Videoüberwachung folgerichtig als schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Deshalb ist eine Videoüberwachung nur dann zulässig, wenn es für den konkreten Fall eine entsprechend gewichtige Rechtfertigung gibt.

Ein zulässiger Beobachtungszweck kann die Wahrnehmung berechtigter Interessen, wie zum Beispiel der Schutz von Eigentum und anderen Rechten wie dem Hausrecht, sein. Grundsätzlich ist es dem Eigentümer oder Mieter einer Fläche erlaubt, zum Schutz des Objekts Kameras aufzustellen. Doch dieses Recht ist an strenge Bedingungen geknüpft und darf keineswegs als Freibrief verstanden werden.

Soll beispielsweise der Eingangsbereich eines Gebäudes überwacht werden, darf die Kamera nicht mehr als eben diesen Bereich erfassen. Öffentliche Bereiche wie die Straße vor der Eingangstür dürfen in der Regel nicht per Kamera überwacht werden. Dies ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO im Rahmen einer Abwägung des berechtigten Interesses des Verantwortlichen mit den Rechten der Betroffenen. Dabei muss das Überwachungsinteresse die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen überwiegen. Dazu sollte gemäß den Empfehlungen des Europäischen Datenschutzausschusses eine dreistufige Prüfung vorgenommen werden:

  1. Das Interesse ermitteln,
  2. die Erforderlichkeit feststellen und
  3. eine Abwägung am Einzelfall anhand von Kriterien wie den vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen, durchführen.

Diese Prüfung sollte zu Nachweiszwecken sehr genau durchgeführt und dokumentiert werden.

Mangels Öffnungsklausel in der DSGVO ist die deutsche Sondervorschrift des § 4 BDSG laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 27. März 2019 europarechtswidrig.

Grundsätzlich ist zu beachten, dass Videoaufzeichnungen ausschließlich für den vorbestimmten Verarbeitungszweck verwendet werden dürfen.

Videoüberwachung von Beschäftigten und Besuchern

Auch innerhalb von Grundstücksgrenzen sind die Interessen der Betroffenen, etwa der Beschäftigten eines Unternehmens, zu schützen. Wenn Sie als Arbeitgeber eine Kamera aufstellen wollen, sind Sie in der Pflicht nachzuweisen, dass Sie geltendes Recht nicht verletzen.

Von hoher Bedeutung ist die konkrete Umsetzung der Videoüberwachung, weil nur so sicherzustellen ist, ob die Kamera der Wahrnehmung des Hausrechtes oder der Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke dient. Eine Kamera, die durch das gesamte Großraumbüro filmt, lässt sich schwerlich zur Wahrung des Hausrechtes rechtfertigen. Auch die Videoüberwachung der gesamten Belegschaft lässt sich regelmäßig nicht unter Rückgriff auf berechtigte Interessen des Arbeitgebers rechtskonform einsetzen.

Andererseits können einzelne Beschäftigte auf Grundlage des § 26 BDSG überwacht werden, wenn ein auf Tatsachen gestützter Verdacht zur schweren Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten vorliegt (BAG, ZD 2012, ZD Jahr 2012, Seite 558). Hier muss betont werden, dass vorsorgliche verdachtslose Kontrollen der Arbeitsleistung immer als Verstoß gegen die Menschwürde gewertet werden. (BAG, NZA 2017, NZA Jahr 2017 Seite 1327 – „keylogger“).

In einem gesonderten Ratgeber erklären wir Ihnen, worauf Sie achten müssen, wenn Sie Videoaufzeichnungen von Mitarbeitern als Beweis vor Gericht nutzen wollen.

Der Erfassungswinkel einer Kamera kann zum Verhängnis für Arbeitgeber werden, wie im folgenden Fall: Das Landesarbeitsgericht Hessen sprach einer Arbeitnehmerin 7.000 Euro Entschädigung zu, weil eine Kamera zur Überwachung des Eingangsbereiches theoretisch auch ihren Arbeitsplatz hätte erfassen können. Die Klägerin fühlte sich daher permanent im Blickbereich der Kamera und empfand dies als ständigen Überwachungsdruck. Dass die Kamera so eingestellt war, dass sie tatsächlich nur den Eingang erfasste, wurde vom Gericht nicht berücksichtigt. Der Arbeitgeber hätte ihr eindeutig nachweisen müssen, dass dies nicht der Fall ist (Az. 7 Sa 1586/09).

Welche Informationspflichten gelten bei der Videoüberwachung im Unternehmen?

Videoüberwachung ist in unseren Alltag eingezogen und so omnipräsent, dass sie manchmal kaum mehr auffällt. Viele moderne Büros verfügen zum Beispiel über eine Videosprechanlage an den Türen, die Bilder des Besuchers in Echtzeit überträgt. Obwohl die Bilder nicht gespeichert werden, müssen Personen über diesen Vorgang informiert werden – eine datenschutzrechtliche Baustelle derer sich kaum ein Unternehmen bewusst ist. Selbstredend gilt die gleiche Informationspflicht bei Videoanlagen, die Bildmaterial speichern.

Entsprechende Hinweisschilder müssen deutlich sichtbar angebracht sein. Jeder, der den überwachten Bereich betreten will, muss vorher auf einen entsprechenden unübersehbaren Hinweis stoßen, damit die Möglichkeit eingeräumt wird, sich der Überwachung zu entziehen. Wenn die Aufzeichnungen wie in den meisten Fällen einzelnen Personen zuordenbar sind, müssen die Betroffenen auch über die Art der Verarbeitung und Nutzung der Aufnahmen gemäß Art. 13 DSGVO informiert werden. Informationsschilder, die noch nach der inzwischen vom BVerwG europarechtswidrig erklärten nationalen Rechtsgrundlage § 4 BDSG informieren, sollten entsprechend angepasst werden.

Die Information ist dabei gem. der Leitlinie 3/2019 des europäischen Datenschutzausschusses zweistufig aufzubauen:

  • In der ersten Stufe durch ein für jedermann sichtbares Hinweisschild.
  • In der zweiten Stufe zusätzlich mittels eines einfach einzusehenden Informationsschreibens, auf welches das Schild der ersten Informationsstufe deutlich hinweist.

Dafür sollte das erste Schild mind. folgende Informationen enthalten:

  • Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen
  • Kontakt des Datenschutzbeauftragten (wenn vorhanden)
  • Verarbeitungszweck
  • Rechtsgrundlage und ggf. das berechtigte Interesse an der Verarbeitung
  • Die Speicherdauer, wenn nicht nur Echtzeitüberwachung stattfindet
  • Hinweis auf das Bestehen von Betroffenenrechten
  • Hinweis auf weitergehende Informationen (zweite Stufe),
    z.B.: auf einen Aushang (mit genauer Ortsangabe); auf die Kundeninformation bzw. Rezeption bzw. Kasse; auf eine Website (ggfs. mit QR-Code)

Bei der zweiten Stufe handelt es sich im Grunde um ein Informationsschreiben, das alle nach Art. 13 DSGVO obligatorischen Informationen, insbesondere die Betroffenenrechte, beinhaltet.

Achtung: Beide Informationsstufen sind so zur Verfügung zu stellen, dass eine Kenntnisnahme möglich ist, ohne den videoüberwachten Bereich überhaupt zu betreten.

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Welche Bereiche im Unternehmen dürfen nicht überwacht werden?

In Intimzonen, z. B. Toiletten oder Umkleideräumen, ist eine Videoüberwachung in jedem Fall unzulässig. Auch Attrappen sind nicht erlaubt. Reine Freizeitbereiche (beispielsweise Bars, Sitzgruppen, ein Foyer, Aufenthaltsräume) dürfen ebenfalls nicht überwacht werden. Hier überwiegt das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter.

Dürfen verdeckte Kameras eingesetzt werden?

Sofern Sie eine verdeckte Kameraüberwachung anstreben, sind die Hürden deutlich höher. Vor allem ist die Frage ungeklärt, wie sich die heimliche Überwachung mit der Pflicht zur Information gemäß Art. 13 DSGVO verträgt. Die Vorschrift sieht keine Ausnahmen vor.

Vor diesem Hintergrund sollte von der verdeckten Überwachung nur höchst ausnahmsweise Gebrauch gemacht werden. Nur wenn ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung oder ähnlich schweren Verfehlung besteht und sichergestellt ist, dass eine offene Überwachung keinen Effekt hätte, kann man anfangen über die Rechtfertigung einer solchen Kontrolle nachzudenken.

Dringend zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass die durch die verdeckte Überwachung beabsichtigte Aufklärung nur zweckmäßig ist, wenn überhaupt Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es zu einer Wiederholung des Vorfalls kommt. Der einmalige und beendete Diebstahl aus Geschäftsräumen genügt hierfür alleine nicht. Eine repressive heimliche Überwachung ist in diesem Fällen zwecklos und damit rechtswidrig. Die präventive Überwachung hat stets offen zu erfolgen.

Wie sind Attrappen von Überwachungskameras einzusetzen?

Das Installieren einer Kameraattrappe stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, wenn der Betroffene sich dadurch einer ständigen Kontrolle seiner Bewegungen ausgesetzt sieht. Der Anwendungsbereich des Datenschutzrechts ist jedoch nicht eröffnet, da eine Verarbeitung von Daten nicht stattfindet. Hier kommen andere Gesetze, insb. das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zur Anwendung.

Dürfen Kassenbereiche und Abrechnungsräume überwacht werden?

Die Beobachtung von Kassenbereichen und Abrechnungsräumen, in denen mit hohen Bargeldbeträgen umgegangen wird, ist unter Einhaltung aller sonstigen Voraussetzungen (Einzelfallprüfung, Hinweisschilder, Risikoanalyse, Speicherungsdauer etc.) in der Regel zulässig. Die Mitarbeiter sind allerdings in ausreichender Form über die Videoüberwachung zu informieren. Gegebenenfalls ist der Betriebsrat zu beteiligen.

Eine dauerhafte Erfassung des Arbeitsbereichs von Mitarbeitern (z. B. Bar, Tresen, Verkaufsstände, Kasse) ist regelmäßig unverhältnismäßig und sollte daher unterbleiben. Das Heranziehen einer Einwilligung wird aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in fast allen Fällen am Kriterium der Freiwilligkeit scheitern.

Wie lange dürfen Videoaufnahmen gespeichert werden?

Es ist schwierig eine allgemeine Speicherfrist für Videoaufnahmen festzulegen, da die Dauer der Speicherung von den individuellen Umständen der jeweiligen Situation abhängt. Als Faustregel gilt:

  1. Die Speicherung oder Verwendung ist zulässig, wenn sie erforderlich ist, um den verfolgten Zweck der Videoüberwachung zu erreichen.
  2. Zugleich dürfen keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Nehmen wir also das Beispiel der Überwachung von Mitarbeitern, die mit hohen Geldbeträgen hantieren: Da allgemein tägliche Kontrollen des Kassenbestands durchgeführt werden, würde ein Diebstahl meist innerhalb 24 Stunden zutage kommen. Räumt man dann noch eine angemessene Reaktionszeit zur Auswertung des Videomaterials ein, wird sich eine Speicherfrist von über 72 Stunden nicht rechtfertigen lassen. Im Gegenteil könnte man bei einer Videosprechanlage eines Unternehmens kaum begründen, warum Besucheraufnahmen überhaupt gespeichert werden müssen. Die Aufnahmen dienen meist lediglich der Entscheidung darüber, ob ein Besucher bekannt ist oder nicht. Der Zweck gibt demnach keinen ausreichenden Grund zur Speicherung.

Grundsätzlich gilt, dass die Aufbewahrung von gespeicherten Videoaufnahmen auf wenige Kalendertage zu beschränken ist, da die dauerhafte Überwachung sowieso schon stark in das Persönlichkeitsrecht von Beschäftigten einschneidet. Auch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Beweisverwertung von Videoaufnahmen von Mitarbeitern ändert nichts an der zwingenden Voraussetzung, dass die Speicherdauer an den verfolgten Zwecken gemessen werden muss.

Biometrische Daten

Besondere Vorsicht ist bei der Verarbeitung von biometrischen Daten geboten, da es sich dabei um sogenannte „besondere personenbezogene Daten“ handelt, für deren Verarbeitung Art. 9 DSGVO hohe Hürden setzt. Biometrische Daten können theoretisch aus fast jeder Videoaufnahme gewonnen werden. Entsprechend hoch ist die Verunsicherung. Es müssen aber mehrere Faktoren zusammenkommen, dass bei der Videoüberwachung eine Verarbeitung von biometrischen Daten anzunehmen ist.

Der Europäische Datenschutzausschuss nimmt eine Klassifikation der Verarbeitung von Daten als biometrisch anhand von drei Kriterien vor:

  • Art der Daten: Es muss sich um physikalische, physiologische oder verhaltensbezogene Merkmale einer natürlichen Person handeln.
  • Mittel und Art der Verarbeitung: Es handelt sich um Daten die sich aus einer speziellen technischen Verarbeitung ergeben.
  • Zweck der Verarbeitung: Die Daten müssen für den Zweck der eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person verwendet werden.

Liegen diese drei Punkte vor, ist die Überwachung am Maßstab von Art. 9 DSGVO zu messen und es bedarf in der Regel einer ausdrücklichen Einwilligung in die Verarbeitung der Daten.

Fazit: Videoüberwachung von Mitarbeitern ist ein heikles Thema

Die Videoüberwachung im Unternehmen unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Voraussetzungen und einer Menge arbeitsrechtlicher Urteile. Demnach sollte die Überwachung von Arbeitnehmern stets bedacht und geplant erfolgen, um Arbeitnehmerrechte zu wahren und rechtliche Risiken für das Unternehmen zu mindern.

Auch vermeintlich harmlose Vorrichtungen wie Videosprechanlagen sollten inspiziert und datenschutzkonform gestaltet werden. In jedem Fall sollte der Datenschutzbeauftragte des Unternehmens bei der Umsetzung hinzugezogen werden.

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